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Ein Kommentar von Uwe Heldens / westreporter

Selten nehme ich Termine am Tagebaurand und in den Umsiedlungsorten wahr. Am liebsten besuche ich diese Orte – fernab von Demonstrationen und Kundgebungen – rein um diese „Lost Places“ – verlassenen Orte –  allein abzulichten und ein paar Erinnerungen im Foto festzuhalten.

Heute war es anders. Ein guter – und vor allem alter Bekannter erzählte mir wie sehr er sich für die Umsiedlungsorte in den letzten Monaten und Jahren engagiert hat. Immer wieder fragte er ob ich nicht auch mal dort vorbei schauen möchte …. Heute war es soweit.

Mir zugetragen wurde das es in den Umsiedlungsorten eine Prozession geben wird – beginnend in Keyenberg – über Berverath nach Kuckum  … jeweils von der Kirche zu der Kapelle zur Kirche. In Kuckum angekommen löst sich die Prozession dann auf.

 

Erstes Ziel war Kuckum – die Prozession war angekommen. Ein paar Bilder konnte ich dort schießen … auf der Strasse, nicht jedoch in der Kirche. Denn dort war ich unerwünscht (Obacht bei der Jobwahl) Pressevertreter waren unerwünscht erklärte mir zunächst ein Plakat – Minuten später der Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes. Gut und schön. Dann nicht dachte ich mir. Also setzte ich meinen Weg fort und fuhr nach Keyenberg. Die Kapelle in Berverath ließ ich aus.

In Keyenberg selber traf ich an der Kirche auf etliche Menschen die sich vor dem Hauptportal des Gotteshauses aufhielten – darunter auch mein Bekannter der mich auch einigen Leuten vorstellte.

Es war zunächst so ein wenig Lari – Fari …. ein Zigarettchen hier … etwas Smalltalk dort. Die Menschen wurden mehr. Auch im Keyenberger Gotteshaus war ich ebenfalls  nicht willkommen. Vor der Kirche schon. Es kamen mehr Menschen hinzu. Eine Gruppe – unter ihnen ein Rollstuhlfahrer – kam und fragte nach einer Mund Nasen Maske – ich konnte helfen. Die Gruppe bedankte sich – und machte den Mann im Rollstuhl die Maske ins Gesicht. Es war gut 18.00 Uhr … die Kirche sollte schließen – die Zeit zum Abschied nehmen war um.

Vor der Kirche kam Bewegung ins Spiel – ein Transparent wurde getragen … alle Kirchen den Menschen … daneben trug jemand ein Kreuz in Richtung Kirche. Barbara aus Keyenberg steckte mir einen Zettel zu – WIR SIND EINZIGARTIG – der Mann mit dem Kreuz wurde aufgehalten – ein Sicherheitsdienstler meinte: Das Kreuz gehört nicht in die Kirche. (OK ! Neue Erkenntnis für mich)

 

In der Kirche selber wurde es lauter – Menschen strömten in die Kirche hinein die eigentlich geschlossen werden sollte – vorneweg der Rollstuhlfahrer der die Treppe hinaufgetragen und in die Kirche geschoben wurde – hinter einer Glastür – gleich hinter dem Hauptportal – versuchten die Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes vergeblich die Menschen aus der Kirche zu treiben – vorne vor dem Altar weigerten sich Besucher bereits die Kirche zu verlassen. Zwei Priester in der Kirche versuchten auf die Menge einzureden – der wohl zuständige Geistliche der Gemeinde hatte zusammen mit dem Sicherheitsdienst keine Chance. Die Menschen ließen nicht nach in das Gotteshaus hinein zu wollen … ich dachte bei mir: Was ein Bild – eigentlich sollten Priester doch froh sein wenn die Schäfchen sich wieder an Gott wenden und die oft leerstehenden Kirchen füllen.

Mittlerweile war Polizei eingetroffen … und der ein Hausmeister der die Aufgabe hatte das Schloss der Kirche zu tauschen. Jemand hatte es offenbar mit Sekundenkleber zugeklebt. In der Kirche wurden rufe gegen den zuständigen Geistlichen der Gemeinde laut …. nicht ganz unverständlich – auch für mich nicht. Immerhin wollte die Ampel Koalition die Orte retten – bis auf Lützerath. Warum also dann am morgigen 1. Adventssonntag die Kirchen und die Kapelle entwidmen ? Verstehe ich auch nicht. Verkauft wurden die Gebetstempel ja bereits vor etlichen Monaten – damals konnte man ja nicht ahnen das sich das Blatt so umschlägt und der Bagger vorher stoppt. Die Demonstranten haben ein Ziel erreicht mit dem fast niemand mehr gerechnet hat – vor allem weil die neuen Umsiedlungsorte ja schon so gut wie fertig sich und Namen wie „NEU“ Kuckum oder „NEU“ Keyenberg tragen – auch die Straßennamen der Neuen und der Alten Orte sind nahezu identisch.

Weiter gings mit weiteren Menschen. „Oh“ raunte es … „die Küfa“ ist da. Küche für alle in der Langversion die die Menschen vor der Kirche mit heißer Suppe und veganer Pizza versorgten. Das Angebot wurde von allen angenommen. Auf dem Platz vor der Kirche war man sich mittlerweile einig das der Pfarrer in der Kirche eine Eskalation der Situation provizieren wollte. Nach kurzer Zeit zog er ziemlich wortlos ab und überließ das Feld dem Sicherheitsdienst und der Polizei.

Die Bemühungen des Sicherheitsdienstes die Menschen aus der Kirche zu bekommen schlugen fehl. Man versuchte zwar mit ernster Miene, drohender Haltung und deutlichen Worten die Menschen aus dem Gotteshaus zu bewegen. Die Polizei vor Ort sorgte jedoch für gezielte Deeskaltion. Es wurden Gespräche geführt. Es wurden Menschen hineingelassen die Kerzen anzünden durften oder auch in einer Gruppe Kirchenlieder gesungen hatten. Eine Eskalation der Lage blieb aus. Mittlerweile hatte sich auch mein „Eintrittsverbot“ als Pressevertreter in Luft aufgelöst. Immerhin hatte man mich von Seiten der Demonstranten gebeten bei einer „Sache“ Hand anzulegen. Es mussten Tische und Bänge aus einer alten Pritsche geholt werden – so habe ich dann heute meine erste Mahnwache mit aufgebaut. Die Mahnwache die über Nacht vor der Keyenberger Kirche stehen sollt.

Gespannt bin ich wie es nun weitergehen wird. RWE soll ja nicht Baggern. Warum also die Kirchen entwidmen. Was ist mit Lützerath ? Was ist mit Klima und Kohle.

Ein kleines Dankeschön geht hier nun erstmal an die ganzen Menschen die heute in Keyenberg waren und gezeigt haben – auch mir gezeigt haben – wie man Dinge ändern kann.

Einige Bilder gibt es hier: bitte klicken

By CUH