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Wenn Licht, Stoff und Gefühl eins werden

Heinsberg
09. Oktober2025

Im Begas Haus in Heinsberg zeigt die Künstlerin Aleks Polonskaja textile Arbeiten, die
nicht laut auftreten, aber tief berühren. Arbeiten, die unter neutralem Licht eine fast eigene
Leuchtkraft entfalten. Es sind keine farbigen Strahler nötig, dass Material selbst reagiert
auf das Licht und zieht die Betrachtenden in einen stillen Dialog zwischen Nähe und
Distanz.

Ich gebe zu: Ich habe nicht viel Ahnung von Kunst. Doch als ich die Ausstellung von Aleks
Polonskaja im Begas Haus betrete, spielt das plötzlich keine Rolle. Der Raum ist ruhig,
das Licht weich, und überall hängen zarte, durchscheinende Stoffe. Sie wirken, als würden
sie schweben. Zuerst denke ich, sie seien mit farbigen Lampen angestrahlt. Ein leichtes
Rosa hier, ein warmes Gelb dort – fast, als wäre das Licht selbst Teil der Kunst. Doch
dann merke ich: Das Leuchten kommt aus den Stoffen selbst. Sie scheinen von innen
heraus zu strahlen, als hätten sie das Licht eingesogen.
Ich bleibe davor stehen, länger als gedacht. Diese Arbeiten ziehen einen an, ohne laut zu
sein. Sie bestehen aus feinen Stoffschichten, genäht, geschichtet, überlagert. Wenn man
näher kommt, sieht man Linien, Fäden, Übergänge. Und plötzlich will ich sie anfassen.
Ganz vorsichtig. Nur um zu spüren, wie sich das anfühlt. Natürlich tue ich es nicht, aber
das Bedürfnis bleibt.
Vielleicht ist genau das der Sinn: dass man spürt, wie nah man etwas sein möchte, das
man nicht greifen kann.

Zwischen Nähe und Distanz
Im Begas Haus hängen die Werke mit viel Luft dazwischen, fast schwebend. Das Licht
verändert sich, je nachdem, wie man sich bewegt. Manchmal sieht man nur eine
Oberfläche, dann plötzlich viele Schichten darunter. Wie Gedanken, die man langsam
versteht. Ihre Kunst bleibt offen für Assoziationen: Sie zeigt, dass sich zwischen Ordnung
und Zufall, zwischen Faden und Form, ein eigener Raum von Empfindung entfalten kann.
Ich verlasse die Ausstellung mit dem Gefühl, etwas sehr Zartes gesehen zu haben, das
trotzdem bleibt. Vielleicht, weil es an etwas erinnert, das wir alle kennen: das Bedürfnis,
etwas Schönes zu berühren, ohne es zu zerstören.

Die Künstlerin hinter dem Licht
Aleks Polonskaja wurde 1984 in Tallinn, Estland, geboren und lebt heute in Düsseldorf. Sie
studierte Freie Kunst an der Kunstakademie Düsseldorf und war Meisterschülerin bei Prof.
Didier Vermeiren. Schon früh begann sie, mit Materialien zu arbeiten, die zwischen
Oberfläche und Raum vermitteln – Stoff, Papier, Netzgewebe, Jute.
In ihren Arbeiten untersucht sie Strukturen, Muster und Rhythmen, die an organische oder
gesellschaftliche Systeme erinnern. Dabei verbindet sie Zeichnung, Skulptur und textile
Techniken zu einer Sprache, die leise, aber eindringlich spricht. Polonskaja wurde
mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Kunstpreis Deutschland 2022 in der
Kategorie Skulptur/Objekt.

Die Ausstellung „Berührungen im Gewebe“ läuft noch bis zum 16. November 2025 im
Begas Haus. Ein Besuch lohnt sich – nicht nur für Kunstkenner, sondern für alle, die sich
auf die stille Kraft von Material, Licht und Emotion einlassen möchten.

Kontakt:
Begas Haus, Hochstraße 21, 52525 Heinsberg
Di–Sa 14–17 Uhr, So & Feiertage 11–17 Uhr
Eintritt: 5 €, ermäßigt 3 €, Kinder bis 12 J. frei

Fotos / Bericht:
Ron Weimann

By CUH