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Kurzportrait des ersten Nachkriegsbürgermeisters von Birgden, Christian Küppers
(Veröffentlicht in Facebook, „Ich bin Birgdener“ (dem ich heute nicht mehr folge)

Wie angekündigt und gewünscht, möchte ich heute damit beginnen, in lockerer Folge über die Geschichte Birgdens zu berichten. Beginnen möchte ich mit den Ortsbürgermeistern der Nachkriegszeit.
Nachdem die Nazigewalt- u. Schreckensherrschaft, auch in Birgden, durch die totale Kapitulation der Wehrmacht am 8./9. Mai vorbei war und Deutschland in vier Besatzungszonen aufgeteilt war, Birgden gehörte zur britischen Besatzungszone, brauchte man dringend Bürgermeister. Schon im Vorfeld suchten die Briten in ihrer Zone Männer, die hierfür in Frage kämen. Wichtigste Bedingung war, dass sie absolut „nazifrei“ also ohne jedwede Beteiligung an den seit 1933 bestehenden Verbrecherorganisationen der NSDAP, SA oder SS und deren Unterorganisationen gewesen waren. Das war nicht immer leicht, weil sehr viele Deutsche in diese Organisationen in irgendeiner Weise verstrickt waren. Gleichzeitig sollten sie zur Führung dieses Amtes intellektuell in der Lage sein.
Mit Christian Küppers fand man so einen Mann.

Ein Glücksgriff.
Er wurde 1898 in Birgden in der Gaterstrasse 84, letzte große landwirtschaftliche Anlage links in Richtung Stahe, in großbäuerliche Verhältnisse hinein geboren. Er lebte dort bis zu seinem sehr frühen Tod am 2. Dezember 1956.

Bereits 1945, sofort nach Kriegsende, wurde er von den Alliierten (hier Briten) als Bürgermeister von Birgden eingesetzt, zunächst ohne gewählt zu sein.
Christian Küppers kam als Soldat aus dem Krieg nach Hause, und stand, wie ca. 50 bis 60% der Birgdener, vor einer zerstörten Existenz. Hinzu kam jetzt auch noch das Amt des Bürgermeisters von Birgden. Eine schier unlösbare Aufgabe. Aber er packte es an. Da alle vorgelagerten Verwaltungseinheiten, insbesondere die Amtsverwaltung Waldenrath, zu der die Gemeinde Birgden schon vor dem Krieg gehörte, nicht arbeitsfähig waren, hatte der Bürgermeister nur einen Vorgesetzten, das war die britische Besatzungsmacht. Mehr oder weniger alles, was anlag musste Küppers mit ihnen erörtern und entscheiden. Und es gab unendlich viel zu tun. Es gab keinen Strom, kein Wasser, keine Abwasserentsorgung. Die gemeindeeigenen Gebäude wie Schule und Lehrerwohnungen lagen in Schutt und Asche, die Kirche war schwer getroffen und die Fabrik H.E. Schniewind mit rd. 600 Beschäftigten war ebenfalls stark zerstört. Es gab aber auch nur sehr wenig zu essen, vor allem Babynahrung gab es nicht. Ebenso fehlte es an warmer Bekleidung, einfach gesagt, es fehlte so gut wie alles. Alle Straßen waren zerstört und überall lag in großen Mengen hochexplosive Munition herum. Die Soldaten kehrten zurück und aus dem Osten drängten viele Millionen Flüchtlinge, auch nach Birgden. Für dies alles war Bürgermeister Küppers zuständig. Er ging diese scheinbar unlösbaren Probleme so gut und so schnell es überhaupt möglich war, entsprechend ihrer Priorität, an. 1946 wurden die ersten Kommunalwahlen in NRW abgehalten. Ein Gemeinderat konnte gebildet werden, dem Christian Küppers angehörte. Dieser Rat wählte ihn zum Bürgermeister, was er ja vorher schon per ordre de Mufti war. Eine Direktwahl der Bürgermeister gab es erst viel später. Jetzt bekam er Hilfe und auch etwas Zuspruch. Aber die Inflation wurde zunehmend schlimmer, viele bereits vorhandenen Güter wurden bis zum 20. Juni 1948 (Währungsreform) zurückgehalten, um diese später für neues und gutes Geld zu verkaufen.

Screenshot

Doch langsam entwickelten sich wieder Verwaltungsstrukturen auf Amts-Kreis- und Landesebene, sodass eine gewisse Stabilisierung der Lage bemerkbar wurde. Unter Bürgermeister Küppers wurde der erste Kindergarten gebaut, die Straßen und Kanalisierung saniert und erweitert, die erste Kläranlage konzipiert, Lehrerwohnungen wieder aufgebaut, die Schule in Gang gebracht, Wasser, Licht und Wärme herangeschafft. Das s.g. Gemeindehaus Ecke Pley/Bahnhofstraße wurde errichtet. Das Haus der Landfrau mit der Waschanstalt (öffentliche Duschen und Wannenbäder wurden für einige Groschen angeboten) und geschätzt 40 bis 50 Gemeinschaftsgefriertruhen errichtet sowie ein kleines Wäscheunternehmen angesiedelt. Auch die örtliche Feuerwehr wurde wieder einsatzfähig gemacht. Die Flüchtlinge bekamen Unterkünfte und später auch Grundstücke zum Eigenheimbau. Erste Schritte für die Erschließung der Neustraße wurden getan und vieles andere mehr. Weitere Aufzählungen würden diesen Rahmen einfach sprengen.

Aber zwei Projekte bedürfen der ganz besonderen Erwähnung. Der heute bei Teveren gelegene NATO-Flugplatz sollte eigentlich hinter Birgden Richtung Müllkippe, Hatterath und Gillrath gebaut werden. Die Pläne hierfür lagen schon in den Bonner Schubladen. Gegen erhebliche Widerstände aus allen Richtungen nahm Küppers den Kampf hiergegen auf. Eine persönliche Rücksprache mit dem damaligen Bundeskanzler Adenauer in Bonn brach den Bann. Die Briten bauten in Teveren, nach damaligen Vorstellungen auf unnützes Heideland (das würde man heute natürlich schon anders sehen). Ebenso kam wieder einmal der Ruf nach der Bebauung des großen Pley‘s auf. Auf hiergegen stemmte er sich heftig -und er gewann. Was für ein Segen, dass kein Flugplatz, mit allen negativen Begleiterscheinungen nach Birgden kam und ebenfalls der große und auch der kleine Pley, wenn auch etwas gerupft, als Alleinstellungsmerkmale für unseren Heimatort erhalten blieben.
Neben seinem Beruf als selbstständiger Landwirt, war er im reinen Ehrenamt Gründungsmitglied und Kreisvorsitzender der CDU, Kreistagsmitglied, Mitglied und Vorsitzender dessen wichtigster Ausschüsse, stellvertretender Landrat des Kreises und eben bis 1956 mehrfach wiedergewählter Bürgermeister der Gemeinde Birgden. Auch bei der Landwirtschaftskammer Rheinland hatte er wichtige Funktionen inne. Als tiefgläubiger Katholik verstarb er im Dezember 1956 im Alter von nur 58 Jahren im Kreise seiner Familie auf seinem Anwesen in der Gaterstraße.
Meine nicht maßgebliche persönliche Einschätzung dieser enormen Lebensleistungen, ohne alle heute zur Verfügung stehenden elektronischen und vieler anderer Hilfsmittel ist, dass alle nachfolgenden Bürgermeister in sehr große Fußstapfen einzutreten hatten. Chapeau!

By CUH