Margraten
25. Mai 2025
In einer Zeit wachsender Unsicherheit erinnert die Gedenkfeier in Margraten an die Kraft der
Erinnerung – würdevoll, bewegend und aktueller denn je.
Die Reihen der weißen Marmorkreuze ziehen sich wie ein stiller Strom über das gepflegte Grün.
Jeder Name auf ihnen erzählt von einem Leben, das im Zweiten Weltkrieg für die Befreiung
Europas endete. Und auch in diesem Jahr versammelten sich wieder Hunderte Menschen auf dem
Netherlands American Cemetery in Margraten – um zu erinnern, zu danken und zu mahnen.
Doch 2025 war kein Gedenkjahr wie jedes andere.
Ein König in der ersten Reihe
Mit würdevoller Miene trat König Willem-Alexander an diesem Nachmittag an das Grabmal der
Gefallenen. Seine Präsenz unterstrich, was dieser Ort für die Niederlande bedeutet: Margraten ist
Teil der nationalen Identität – und ein europäisches Symbol der Versöhnung.
In einer Zeit geopolitischer Spannungen wirkte seine Anwesenheit wie ein stilles Statement: Frieden
braucht Erinnerung, Haltung und internationale Verbundenheit.
Die„Missing Man Formation“
Entgegen mancher Erwartungen fand sie doch statt – die traditionsreiche „Missing Man“-
Formation. Als vier Militärflugzeuge in enger Formation über den Friedhof flogen und sich eines
mit abruptem Steigflug löste, durchbrach das Brummen für einen Moment die Stille. Der Himmel
antwortete auf das Gedenken – mit einem Bild, das vielen unter die Haut ging.In Margraten,
eingebettet in das gleichmäßige Meer der weißen Kreuze, wird diese Formation besonders
eindrucksvoll – denn sie macht sichtbar, was sonst nur in Gedanken gegenwärtig ist: den Verlust,
das Opfer, und die leere Stelle.
Ein junger Soldat, eine Träne
Wenige Meter entfernt stand ein Mitglied der Honor Guard. Im perfekten Gleichschritt, mit ernster
Miene, salutierte er in Richtung der Gefallenen. Doch es war nicht nur Disziplin, die man sah –
sondern auch Menschlichkeit. Eine Träne schimmerte im Auge des jungen Mannes. Vielleicht war
es die Atmosphäre. Vielleicht ein Gedanke an die eigene Familie. Oder die Erkenntnis, dass
Geschichte kein fernes Kapitel ist, sondern Teil unserer Gegenwart.
Ein europäisch-amerikanisches Versprechen
Seit 1945 pflegen niederländische Familien die Gräber der amerikanischen Gefallenen. Dieses Band
der Dankbarkeit überdauert Generationen. Und in Zeiten, in denen die Weltordnung erneut ins
Wanken gerät, wird in Margraten deutlich, wie wichtig es ist, das Versprechen von Freiheit und
Frieden nicht zu vergessen. Margraten bleibt ein Ort des Gedenkens – und ein Ort der Hoffnung.
Denn wer sich erinnert, übernimmt Verantwortung. Und wer Verantwortung übernimmt, schützt die
Zukunft.
Die Toten sprechen nicht, doch ihre Stille ist manchmal lauter als viele Worte. Sie mahnt uns,
wachsam zu sein. Für Demokratie. Für Menschlichkeit. Für Zusammenhalt.
Foto/ Bericht:
Ron Weimann