Wassenberg
Am Samstag, den 18.01.25 veranstaltete die Freiwillige Feuerwehr der Stadt Wassenberg, die schon seit vielen Wochen angekündigte Auftaktveranstaltung ihres Lebensretter-Projektes ZWEI von UNS im Forum der Betty-Reis-Gesamtschule in Wassenberg.
Neben offiziellen Vertretern von Stadtrat, Verwaltung und Feuerwehren aus dem Kreis Heinsberg, waren insgesamt rund 260 Ärztinnen und Ärzte, viele Alten-, Heilerziehungs- sowie Gesundheits- und Krankenpfleger, medizinische Fachangestellte, pharmazeutisch-technische Assistenten, Berufs- und Freiwillige Feuerwehrleute, Bedienstete von Polizei, Justiz, Rettungsdiensten und der Rettungsleitstelle der Einladung der Wassenberger Feuerwehr gefolgt und versammelten sich gemeinsam, um ein besonderes Ziel zu verfolgen: Das Leben von ZWEI von UNS zu retten. Denn durchschnittlich könnten jedes Jahr 10.000 Menschenleben mehr als bisher in Deutschland gerettet werden, wenn im Falle eines plötzlichen Herz-Kreislauf-Stillstandes eine sofortige Wiederbelebung etabliert würde. Runtergerechnet ZWEI Wassenberger Bürgerinnen und Bürger.
SCHIRMHERRSCHAFT DURCH BÜRGERMEISTER MARCEL MAURER
Wassenberg’s Bürgermeister Marcel Maurer hatte schon in einem frühen Entwicklungsstadium des Projektes die Schirmherrschaft übernommen und die Initiatoren – wie Thomas Mandrossa vom Projektleitungsteam unterstrich „wo es nur ging“ – unterstützt. In seiner Begrüßungsrede dankte Maurer den Projektinitiatoren Laura und Thomas Mandrossa sowie dem Feuerwehrarzt Johannes Oester-Barkey für ihr großes Engagement zur Rettung von Wassenberger Bürgerinnen und Bürgern. Darüber hinaus lobte er das Engagement all der Menschen, die dieses ehrenamtlich realisierte Projekt möglich gemacht hatten und zeigte sich stolz, dass das ehrenamtliche Engagement in Wassenberg in ganz vielen Bereichen ohnehin vorbildlich sei.
BETTY-REIS-GESAMTSCHULE UNTERSTÜTZT DAS PROJEKT IN BREITER LINIE
Dr. Ludger Herrmann knüpfte als Schulleiter der Betty-Reis-Gesamtschule und gleichzeitiger „Gastgeber“ im Forum an die Begrüßung von Bürgermeister Marcel Maurer an. Er skizzierte den guten Weg, den die Gesamtschule Wassenberg bereits in den letzten Jahren im Bereich der Wiederbelebung vorangegangen war und berichtete voller Vorfreude über die anstehenden Projekte, die in neuer, aussichtsreicher Verbindung zu ZWEIvonUNS zu erwarten seien.
In ihrem Vortrag konkretisierten die beiden Lehrkräfte Judith Storms und Dr. Achim Bresser von der Betty-Reis-Gesamtschule, was schon heute fester Bestandteil des Schullebens in Bezug auf die Reanimation ist und welche neuen Chancen sich nun durch die Zusammenarbeit mit dem Wassenberger Lebensretter-Projekt bieten werden. Ganz besonders begrüßten die beiden die frisch begonnene Interaktion mit dem Vorsitzenden der Bundesarbeitsgemeinschaft Schulsanitätsdienst e.V. Jovin S. Bürchner, der im Auftrag für das Kultusministerium in Baden-Württemberg Koordinator für die DRK- Schularbeit beim DRK Landesverband Baden-Württemberg ist. Er wird im September – in der Woche der Wiederbelebung – sogar nach Wassenberg kommen und dort seine Schulreanimations-Landes-Initiative „Löwen Retten Leben“ vorstellen. „Nicht nur die Löwen in unseren Wappen verbinden uns“, betonte Bresser in seinem Vortrag.
Eine ganz besondere Darbietung lieferten die beiden Gesamtschülerinnen Lina Marie Schaffrath und Emilia Balduin. Die beiden eröffneten mit einem Gesangsauftritt die Feierstunde und auch zwischen den Vorträgen sorgten sie für die ein- oder andere Gänsehaut im Publikum.
WENN AUS ALLTAGSHELDEN LEBENSRETTER WERDEN
Das war der „Arbeitstitel“ der großen Auftaktveranstaltung und gleichzeitig einer der acht „Puzzle-Teile“ des Lebensretter-Projektes, die die Projektleiter Laura und Thomas Mandrossa sowie Johannes Oester-Barkey in einem gemeinsamen Vortrag unterstrichen. Die Zusammenkunft der vielen Alltagshelden im Saal sollte gleichzeitig Aufruf und Wegbereiter sein, zahlreiche neue potenzielle Lebensretter aus- und für Wassenberg zu gewinnen. Die gewünschte Teilnahme an der CORHELPER-APP, die schon seit vielen Jahren im Kreis Heinsberg dazu beiträgt, schnellstmöglich professionelle Helfer zu Reanimations-Einsatzstellen zu bewegen, wurde immer wieder betont. Diese ehrenamtlichen Helfer sind die durch keinen noch so gut aufgestellten, öffentlichen Rettungsdienst zu ersetzenden Menschen, die die wenigen, aber extrem wichtigen Minuten nach einem plötzlichen Herz-Kreislauf-Stillstand überbrücken und somit die Sauerstoffversorgung für das in diesem Fall ab drei Minuten schnell absterbende Gehirn sicherstellen.
Kai Blüthmann, der Bedienstete des Feuerschutzzentrums des Kreises Heinsberg und Haupt-Administrator der Corhelper App erläuterte in einem Vortrag, „wer“ Corhelper werden kann und wie einfach es ist, dieses app-basierte und georeferenziert arbeitende Tool auf seinem Smartphone zu installieren. Gleichzeitig zeigte er auch auf, wie man einen eigenen Laien-Defibrillator (AED) anmelden- und somit zur Unterstützung von Lebensrettungen zur Verfügung stellen kann. Rund 900 Reanimationen konnten in den letzten Jahren bereits durch Corhelper unterstützt werden und nun soll sich die Anzahl derer in Wassenberg maximal verdichten, so das große Ziel der Projektleiter.
GÄNSEHAUT-MOMENT
Um deutlich zu machen, wie wichtig und wertvoll der Einsatz von couragierten Ersthelfern im Zusammenspiel mit Corhelpern, Leitstellenbeamten und dem Rettungsdienst sein kann, wurde eine besondere Reanimations-Situation im Wassenberger Wald minutiös nachbearbeitet. Genau diese Reanimation war es auch, die beim Ehepaar Laura und Thomas Mandrossa im letzten Jahr die Vision von einem großen Lebensretter-Projekt hatte aufkommen lassen und die zur Initialzündung für ZWEIvonUNS wurde.
Am 17. Mai 2024 nämlich, erlitt ein Lehrer der Grundschule am Burgberg aus völliger Gesundheit heraus einen plötzlichen Herz-Kreislauf-Stillstand während eines Sponsorenlaufs der Schülerinnen und Schüler im Wald nahe des Birgelener Pützchens. Eindrucksvoll stellte der hauptberuflich als niedergelassener Anästhesist tätige, ehrenamtliche Feuerwehrarzt der Feuerwehr Wassenberg, Johannes Oester-Barkey die Minuten zwischen Leben und Tod des Lehrers in einer Zeitachse der pathologischen Entwicklung einer potenziellen „Nicht-Intervention“ gegenüber, die ein Überleben nahezu unmöglich gemacht hätte.
Von einem- auf den anderen Moment stellten sich damals plötzlich 16 Personen einer besonderen Herausforderung. Helfende Eltern, Lehrerkolleginnen, Corhelper, Leitstellenmitarbeiter, der Rettungsdienst des Kreises Heinsberg und auch die beiden Teams der psychosozialen Notfallversorgung. Sie alle sorgten in einer beispiellosen, gemeinsamen Rettungsaktion dafür, dass die Reanimation des jungen Familienvaters Erfolg hatte und sorgten auch dafür, dass die vielen Schülerinnen und Schüler und auch Lehrerkollegen in den Tagen nach dem Ereignis diese besonderen Eindrücke einordnen und verarbeiten konnten.
Sie alle erhielten aus den Händen der Projektleiter kleine Glaspokale, die unter dem Logo des Lebensretter-Projektes ZWEIvonUNS die Inschrift: „WEIL DU DEN UNTERSCHIED MACHST“ tragen. Als dann auf der großen Leinwand eine Videobotschaft des Geretteten persönlich nochmal die Wichtigkeit des Zusammenspiels der ineinandergreifenden, „menschlichen Zahnräder“ unterstrich, blieb wohl kaum mehr ein Mensch im Saal unberührt.
Der reanimierte Grundschullehrer erfreut sich heute wieder bester Gesundheit und hat keinerlei neurologische Defizite zurückbehalten !!!
Noch während und auch direkt nach der Veranstaltung luden Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Lebensretter-App direkt auf ihre Handys oder nahmen nach dem Ende
der Vorträge an einem der bereitgestellten Thementische Kontakt mit dem Administrator der APP auf, der für Fragen und Antworten gerne länger geblieben war.
EINWEIHUNG DES SAFETY-TOWERS
„Kaum ausgesprochen hatten wir unsere Idee eines mobilen DEFI-Towers…“, erläuterte Laura Mandrossa in ihrem Vortrag, „…schon waren die Feuerwehr-Urgesteine Konrad Willms und Konrad Schlösser kaum mehr zu bremsen“. Unter der Federführung von Wassenbergs Feuerwehrchef Stadtbrandinspekor Holger Röthling war binnen weniger Wochen der mobile Lebensretter entstanden. Und dann gab es auch noch einen neuen Namen: Denn der ursprünglich als DEFI-Tower titulierte Rettungsturm erhielt während seiner Bauzeit gleich noch weitere, wichtige Bestandteile über den von vornherein fest etablierten automatischen Defibrillator hinaus. So wurden auch ein großer Verbandskasten und ein Feuerlöscher am rollfähigen Tower montiert. „Wenn ein Kind mal ein Pflaster braucht, wäre es ja verrückt, wenn es hieran scheitern müsste“ erklärte Mit-Entwcikler Konrad Schlösser. Mit seiner grünen LED-Beleuchtung, um deren Installation sich Jochen Küppers und Frank Vondahlen vom Team der Wassenberger Wehrleitung gekümmert hatten, sorgt der SAFETY-Tower zukünftig auch bei Dunkelheit für Sicherheit im Luftkurort Wassenberg. Fortan wird der SAFETY-Tower bei allen großen Veranstaltungen für die Sicherheit der Besucher sorgen, der städtische Bauhof wird ihn zusammen mit meist ebenfalls notwendigen Verkehrsabsperrungen anliefern. „Normalerweise bekomme ich ja immer die Schlüssel für neue Feuerwehrfahrzeuge oder neue Feuerwehrgerätehäuser vom Bürgermeister überreicht. Heute machen wir das mal genau andersherum“, erklärte Holger Röthling, während er dem erneut auf die Bühne geeilten Bürgermeister die Schlüssel für den SAFETY-Tower übergab.
WIE DIE FEUERWEHR WASSENBERG ZUM VORBILD FÜR VIELE ANDERE FEUERWEHREN WERDEN KANN
Ein weiteres, großes Puzzleteil war die Vorstellung der F1-Pit-Crew-Reanimation.
„Nach den Vorbildern der Berufsrettung Wien und der Berufsfeuerwehr Mönchengladbach wollen wir die Reanimationssituationen in unserer Stadt zur Boxengasse wie in der Formel 1 machen“, hatte Projektleiter Thomas Mandrossa bei der Vorstellung der einzelnen Puzzleteile bereits erwähnt. Er selbst war nämlich Mit- Entwickler der Pit-Crew Reanimation bei der Berufsfeuerwehr Mönchengladbach, bei der er als Zugführer und Notfallsanitäter seit 14 Jahren hauptberuflich tätig ist. Der Unterschied zur Großstadt: Die wohl bislang einzigartige, standardisierte Zusammenarbeit zwischen einem hauptberuflichen Rettungsdienst (im Kreis Heinsberg ist dies der RDHS) und einer rein ehrenamtlichen Freiwilligen Feuerwehr. Die ärztliche Leiterin für den Rettungsdienst im Kreis Heinsberg Gabriele Schlüter und einer der Zugführer der Feuerwehr Wassenberg, Brandoberinspektor Jochen Küppers kamen gemeinsam auf die Bühne und erklärten, wie dieses besondere Pilotprojekt für den Kreis Heinsberg in Wassenberg entstanden war und vor allem, wie es den über 500 potenziell Beteiligten Rettungsdienstlern und Feuerwehrleuten innerhalb kürzester Zeit bekannt gemacht werden konnte. Hierzu hatte das Projektteam mit großer Unterstützung von vielen Beteiligten ein nahezu budgetloses Video in Eigenleistung produziert und es über online basierte Ausbildungsportale den Einsatzkräften zur Verfügung gestellt. Die Vorstellung des etwas 15minütigen Lehrfilms, der ab jetzt Vorbild für über 1 Millionen Freiwillige Feuerwehrleute in ganz Deutschland sein kann, rundete den Vortrag der beiden ab.
UND DANN WAR DA NOCH DIE JUNGE BRANDMEISTERIN, DIE BINNEN KÜRZESTER ZEIT 100 FEUERWEHRLEUTE „AUF DIE KNIE“ BRACHTE
Die hauptberufliche Notfallsanitäterin und gleichzeitig Freiwillige Feuerwehrfrau Ann Sophie Honnes hatte im letzten Quartal 2024 eine wahre Mammutaufgabe vor sich: Sie führte die Ausbildung von sage und schreibe 100 Wassenberger Feuerwehrleuten aus, um die Kameradinnen und Kameraden in moderner High-Performance-Reanimation fit für den Einsatz in der „Reanimations-Boxengasse“ zu machen. In einer jeweils fünf Unterrichtseinheiten dauernden Schulung, brachte sie selbst Stadtbrandinspektor Holger
Röthling im wahrsten Sinne des Wortes auf die Knie und gestaltete eine sehr praxisnahe und vor allem einsatztaugliche Einsatzvorbereitung. Moderne Feedback-Puppen, die die Kompressionsfrequenz, Drucktiefe und Entlastungsdynamik und dazu auch das eingebrachte Beatmungsvolumen und dessen Wechselspiel mit den Throaxkompressionen analysieren und bewerten können, unterstützen Ann Sophie Honnes bei der Ausbildung und wurden im Rahmen ihres kurzweiligen Vortrages dem interessierten Publikum vorgestellt.
DAS GROSSE FINALE
Zum Schluss zog noch einmal Laura Mandrossa die Aufmerksamkeit auf ein sehr wichtiges Thema: Die Schulung der Wiederbelebung in den Grundschulen. Die ausgebildete Gesundheits- und Krankenpflegerin und zudem frisch ernannte Master-Instructorin für die Schul-Reanimations-Kampagne Löwen Retten Leben, berichtete über einen Erste Hilfe Kurs im letzten Sommer in der Wassenberger Grundschule am Burgberg. „Schon vor der Schlüsselszene im Wassenberger Wald, hatten wir Drei einen Termin für einen Schüler-Erste-Hilfe-Kurs zum Ende der Grundschulzeit fixiert“ beschrieb sie das Zustandekommen. „Doch nach den Bildern der Reanimation des eigenen Klassenlehrers wussten wir, dass wir auch dieses oft lieber zu verdrängende Thema zur Aufarbeitung behandeln werden mussten“.
Schnell aber waren alle ethischen Bedenken über Bord geworfen. Die Viertklässlerinnen und Viertklässler sangen nach der kindgerechten Unterrichtserteilung Lieder wie „Staying Alive“ durch ihre Klassenzimmer und wollten gar nicht mehr aufhören, die Puppen zu retten. „Das wichtige Saatkorn für ein späteres, couragiertes Verhalten, was in unserer heutigen Gesellschaft so oft vergeblich gesucht wird“ war also eingebracht worden. Der Erste Hilfe Unterricht zum Ende der vierten Klasse ist nun schon fester Bestandteil in der Wassenberger Grundschule geworden und sogar die auch von der Feuerwehr zur Ausbildung genutzten Puppen wurden bereits durch den Förderverein der Grundschule für die Viertklässler-Ausbildung beschafft.
Und dann kam es zum großen Finale dieser etwas an die „Wetten-Dass-Show“ erinnernden Auftaktveranstaltung. Während schon vier Schulkinder vor den Reanimations-Puppen knieten und bereit waren, den Arbeitstitel dieses ZWEIvonUNS Puzzleteils „Reanimation? KINDERLEICHT!“ unter Beweis zu stellen, orderte Thomas Mandrossa im Auftrag seiner Frau schnell noch Konkurrenz auf die Bühne: Bürgermeister Marcel Maurer, Schulleiter Dr. Ludger Herrmann, Stadtbrandinspektor Frank Vondahlen, Kreisbrandmeister Klaus Bodden und seine beiden Stellvertreter Claus Vaehsen und Günter Paulzen sowie auch der ärztliche Leiter des Rettungsdienstes mit den zurzeit deutschlandweit besten Wiederbelebungsraten Dr. med Marc Deußen (ärztlicher Leiter für den Rettungsdienst bei der Berufsfeuerwehr Mönchengladbach) kamen auf die Bühne und lieferten sich ein wahrliches Kopf an Kopf Rennen in der High- Performance Reanimation. Über eine App wurde auf der großen Leinwand ein Autorennen dargestellt, die teilnehmenden Fahrzeuge wurden von den Protagonisten angesteuert und fuhren dann besonders schnell, wenn eine exzellente Reanimation an der Puppe durchgeführt wurde.
Unter rhythmischen Applaus lieferten sich alle Teilnehmer ein spannendes Kopf an Kopf Rennen, welches tatsächlich Wassenbergs Bürgermeister Maurer am Ende knapp für sich entscheiden konnte.
Für ein geselliges Veranstaltungsende sorgten dann die Wassenberger Feuerwehrleute unter der Leitung von „Chef-Koch“ Konrad Willms für das leibliche Wohl aller Teilnehmer mit frisch zubereiteter Erbsensuppe aus der Feldküche.
Bericht:
Feuerwehr Wassenberg
Foto:
Heinsberg Magazin