Münster
Das Bündnis Alle Dörfer Bleiben übt scharfe Kritik am Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Münster, der die vorzeitige Enteignung Eckardt Heukamps für rechtmäßig erklärt. Der Kohlekonzern RWE darf demnach den Hof des letzten Landwirts in Lützerath abbaggern um den Braunkohletagebau Garzweiler II zu erweitern, selbst wenn es für die Versorgungssicherheit nicht nötig sei. Alle Dörfer Bleiben stellt klar, dass der Konflikt damit nicht befriedet sei: die Landesregierung müsse die Kohle unter Lützerath im Boden lassen, um die Erderhitzung auf unter 1,5 Grad zu begrenzen. Zahlreiche Gruppen laden als Reaktion auf das Urteil ab jetzt jedes Wochenende zu Protestaktionen in Lützerath ein. Am 23. April soll es im Dorf eine Großdemonstration geben.
Der Kläger Eckardt Heukamp bleibt trotz der Entscheidung des Gerichts kämpferisch: „Ich werde doch jetzt nicht meine Kisten packen und gehen! Allen ist klar, dass der Kohleausstieg für den Klimaschutz vorgezogen wird und es deshalb eine neue Leitentscheidung braucht. Warum sollte ich gehen, wenn sich in ein paar Monaten herausstellt, dass mein Dorf bleiben kann? Ich erwarte von der Landesregierung um Ministerpräsident Wüst, dass sie ein Abrissmoratorium für Lützerath beschließt, bis es eine neue Leitentscheidung gibt.“
Das Gericht begründet den Beschluss unter anderem damit, dass es gar nicht darauf ankomme, ob die Stromversorgung des Landes tatsächlich in Gefahr gerate, wenn die Braunkohle aus dem Tagebau Garzweiler fehle. „Für eine Besitzeinweisung reicht es aus, dass die Versorgung des Energiemarktes mit Braunkohle gefährdet ist“, heißt es in der Presseerklärung des Gerichts. Weiterhin argumentiert das Gericht, dass es keine ausreichende klimapolitische Gesetzesgrundlage gibt, um der Klage der Bewohner*innen von Lützerath zu geben. Die Beschwerde enthalte „klimapolitische Forderungen, die im geltenden Recht keine Grundlage haben und an den Gesetzgeber zu richten wären.“
David Dresen von Alle Dörfer bleiben kommentiert die Entscheidung: „Das Urteil ist komplett aus der Zeit gefallen. Klimaschutz hat in der Begründung des Gerichts überhaupt keine Rolle gespielt. Das liegt vor allem daran, dass es keine klaren Vorgaben der Bundesregierung gibt, wie sie die 1,5-Grad-Grenze überhaupt einhalten will.“ so David Dresen von Alle Dörfer bleiben. „Der Ball liegt also wieder bei der Bundesregierung. Sie muss einen Plan mit konkreten Maßnahmen zur Einhaltung der Klimaziele vorlegen. Dann fallen die Entscheidungen der Gerichte auch anders aus und Lützerath kann bleiben.“
Alle Dörfer Bleiben fordert eine neue Leitentscheidung, die sicherstellt, dass RWE nur noch so viel Kohle verbrennen darf, wie mit der Einhaltung der 1,5 Grad-Grenze vereinbar ist. Dann werde auch Lützerath erhalten. Zurzeit leben viele Klimaaktivist*innen auf dem Camp in Lützerath; sie haben dort Hütten und Baumhäuser errichtet und sind entschlossen, das Dorf vor dem Abriss zu schützen.
„Auch wenn das Gericht anders entschieden hat: Es ist glasklar, dass es nicht dem Gemeinwohl dient, mitten in der Klimakrise Braunkohle zu verbrennen und dafür Menschen zu enteignen. Wir kämpfen deshalb weiter für den Erhalt von Lützerath!“ so Alexandra Brüne von Alle Dörfer Bleiben.
Die vom Hambacher Forst bekannten Waldführer*innen Eva Töller und Michael Zobel laden am 3. April zu einem Dorfspaziergang nach Lützerath ein, am 10. April wird es eine Radtour durch die Dörfer und ein Frühlingsfest in Lützerath geben. Am 17. April ist ein Wochenende mit buntem Programm im Dorf geplant. Am 23. April rufen dann zahlreiche Gruppen der Klimabewegung zu einer Großdemonstration in Lützerath auf.
Quelle:
Alle Dörfer bleiben